Für den Nachweis der Besteuerung von Arbeitslohn in Indien kann eine Arbeitgeberbescheinigung ausreichen. Das entschied das Finanzgericht Münster mit Gerichtsbescheid vom 17. April 2020 (Az. 1 K 1035/11 E).
Arbeitnehmer, die in Deutschland noch einen Wohnsitz haben, aber ihre Tätigkeit im Ausland ausüben, sind häufig von der Lohnsteuer in Deutschland befreit. Dafür sorgen Doppelbesteuerungsabkommen, die Deutschland mit den meisten Staaten geschlossen hat. Um in den Genuss einer solchen Steuerfreistellung (unter Progressionsvorbehalt) zu kommen, gelten in der Regel jedoch strenge Nachweispflichten, das der Arbeitslohn auch im anderen Land versteuert wurde (vgl. § 50d Abs. 8 EStG, sog. Treaty override). Wie dieser Nachweis zu erbringen ist, ist gesetzlich nicht geregelt. Das Finanzamt verlangt hierfür zumeist die Vorlage von Gehaltsabrechnungen oder Steuerbescheiden nebst Zahlungsnachweisen. Eine Arbeitgeberbescheinigung allein reichte bislang nicht aus. Das Finanzgericht Münster vertritt in seinem Urteil vom 17. April 2020 nun eine andere Meinung: Die Vorlage eines Einkommenssteuerbescheides und eines hierauf bezogenen Zahlungsnachweises sind demnach für die Inanspruchnahme der Freistellung gemäß § 50 d Abs. 8 EStG nich in jedem Fall zwingend erforderlich.
Arbeitnehmer mit Wohnsitz in Deutschland in Indien tätig
Der Kläger war im Jahr 2008 an insgesamt 241 Tagen für seine inländische Arbeitgeberin in Indien tätig, verfügte aber weiterhin über einen Wohnsitz in Deutschland. Ein im Auftrag der Arbeitgeberin tätiger indischer Steuerberater erstellte eine Auflistung, aus der die Höhe der indischen Lohnsteuern hervorgeht und die auch den Namen des Klägers enthält. Ferner existieren Zahlungsbelege über die von der Arbeitgeberin gezahlten Beträge. Eine Einkommensteuererklärung gab der Kläger in Indien nicht ab.
Das Finanzamt unterwarf den indischen Arbeitslohn des Klägers der deutschen Besteuerung. Eine Freistellung komme gemäß § 50d Abs. 8 EStG nicht in Betracht, weil die tatsächliche Steuerzahlung im Ausland nicht durch Steuerbescheid oder personenbezogene Quellensteuerbescheinigung nachgewiesen worden sei. Zur Begründung seiner nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobenen Klage trug der Kläger vor, dass die in Indien abgeführte Lohnsteuer abgeltende Wirkung entfalte und er keine weiteren Unterlagen vorlegen könne.
Freistellung des inländischen Arbeitslohns von der Besteuerung in Deutschland
Das Gericht hat der Klage vollumfänglich stattgegeben. Der inländische Arbeitslohn des Klägers sei von der deutschen Besteuerung freizustellen und lediglich dem Progressionsvorbehalt zu unterwerfen. Aufgrund seines inländischen Wohnsitzes sei der Kläger im Streitjahr 2008 unbeschränkt einkommensteuerpflichtig gewesen. Der in Indien erzielte Arbeitslohn sei jedoch nach den Regelungen des DBA-Indien von der deutschen Besteuerung freizustellen, weil der Kläger sich an mehr als 183 Tagen in Indien aufgehalten habe. Dem stehe § 50d Abs. 8 EStG, wonach eine Freistellung nach einem DBA nur gewährt wird, wenn der andere Staat auf sein Besteuerungsrecht verzichtet hat oder ein Nachweis über die Festsetzung und Entrichtung der ausländischen Steuern vorgelegt wird, nicht entgegen. Vorliegend habe der Kläger nachgewiesen, dass sein Arbeitslohn in Indien dem Lohnsteuerabzug unterworfen wurde. Dies ergebe sich aus der Auflistung des indischen Steuerberaters, den hierzu vorgelegten Zahlungsbelegen und den erläuternden Bescheinigungen der Arbeitgeberin. Es bestünden keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger die abgeführte Lohnsteuer im Rahmen einer Jahresveranlagung erstattet bekommen hat. Eine solche Veranlagung sei in Indien nicht durchgeführt worden und habe auch nicht durchgeführt werden können, da der Kläger dort nicht über die erforderliche „Permanent Account Number“ verfügt habe. Selbst wenn der Kläger verpflichtet gewesen wäre, in Indien eine Steuererklärung abzugeben, ließe dies die inländische Freistellung des Arbeitslohns nicht entfallen, weil tatsächlich eine indische Besteuerung stattgefunden habe. Entscheidend sei lediglich, dass der Arbeitslohn überhaupt besteuert wurde. Ob Steuern in zutreffender Höhe gezahlt wurden, sei nicht von Bedeutung. Die Vorlage eines Jahressteuerbescheids und eines Zahlungsbelegs sei nach Sinn und Zweck der Regelung in § 50d Abs. 8 EStG nicht zwingend geboten und werde auch von der Verwaltungsanweisung (BMF-Schreiben vom 3. Mai 2018, BStBl. I 2018, 643) nicht verlangt.
Das Urteil ist rechtskräftig geworden.
Quelle: Finanzgericht Münster
Nähere Informationen erteilt auf Wunsch:
Marlis Tiessen
Tel: +49 (0) 40 897 26 16-10
Email:mtiessen(at)expat-consult.de
Fotonachweis: Fotolia | Urheber: bluebay2014
Fotonachweis: Fotolia | Urheber: bluebay2014